Sport Bild, 4.2.2004, Seite 30/31:
5 Jahre Stadionverbot - da brachte er sich um
Brian Inn (23) besuchte 400 Fußballspiele. Und nie ist etwas passiert. Als sein Freund auf Schalke in eine Rangelei verwickelt wurde, wollte er helfen. Brian wurde verurteilt: Stadionverbot. Nun trauert die Familie.
Von Robin Halle
Klaus Inn (65) hat Tränen in den Augen, als er das Zimmer seines Sohnes betritt. An der Wand hängt eine Fahne von Arminia Bielefeld, auf dem Bett liegt ein Schal. "Hier hat mein Junge gelebt."
Sein Junge ist tot. Brian (Foto), sein einziges Kind, wurde nur 23 Jahre jung. Klaus Inn schaut fassungslos auf eine Angel, die Brian gehörte. Beinahe ist es so, als würde Brian in der kleinen Etagenwohnung in Bielefeld-Hillegossen noch leben. Seine Ehefrau Heike (60) zeigt Fotos von Brian. Zeugnisse, den Führerschein, Eintrittskarten von Fußballspielen.
Kopfschüttelnd zieht sie ein Schreiben an Schalke-Manager Rudi Assauer aus einer Mappe. "Ich hatte so viel Hoffnung in diesen Brief gesteckt", sagt sie. Und weint.
Brian war Fußballfan. Mitglied bei den "Freshmakers", einem Fanklub von Arminia Bielefeld. Wie jedes Wochenende ist Brian am 8. März 2003 mit Kumpels losgezogen, um Fußball zu gucken. Bielefeld hat in Schalke gespielt, die Jungs lachten, alles war wie immer.
"Pass auf, du fliegst als Nächster!"
Bis Markus R. in der Halbzeitpause von einem Ordner in den Schwitzkasten genommen wurde. Markus R. ist ein Freund von Brian und soll, was nicht geklärt ist, eine Sachbeschädigung in der Arena (Foto) begangen haben.
Während Heike Inn die Geschichte erzählt, zittern die Lippen ihres Mannes. "Ich habe als Seemann gelernt, dass man Kameraden helfen muss. Das habe ich dem Jungen immer gepredigt. Jetzt ist er tot."
Brian ist seinem Freund tatsächlich zu Hilfe gekommen. Protokolliert ist die Bitte des 23-Jährigen: "Lasst ihn doch laufen, er ist harmlos." Doch Markus R. wurde abgeführt, ein anderer Ordner schrie Brian an: "Pass auf, du fliegst als Nächster!"
Weil Brian trotzdem versuchte, seinen Freund loszureißen, eilten andere Wachleute herbei. Einer griff Brian mit der Hand an die Kehle und drängte ihn gegen eine Wand.
Brians Mutter flehte Manager Assauer an: "Helfen Sie dem Jungen"
Was danach passierte, ist ungeklärt. Anwalt Hans Geisler berichtet, dass Brian "einmal getreten hat", um sich aus dem Würgegriff des Ordners zu befreien. Ordner A. vom "Wachdienst Bremen" erklärt, dass ihm Brian ins Gesicht geschlagen und dabei die Nase gebrochen hat.
Jedenfalls wurde Schalkes Anwalt Heinz Kupperian zufällig Zeuge der Rangelei. Kupperian übt bei Heimspielen des FC Schalke das Hausrecht aus und stellte Brian zwei Monate später "namens und im Auftrage von Schalke 04" ein bundesweites Stadionverbot zu - gültig für fünf Jahre. Der Grund: gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB.
"Das war der Anfang vom Ende", sagt Heike Inn. Sie zeigt drei Plastikbeutel mit 400 Eintrittskarten von Spielen, die ihr Sohn besucht hat. "Der Junge war in Wembley und im Giuseppe- Meazza-Stadion. Nie ist irgendwas passiert!"
Tatsächlich ist Brian nicht vorbestraft. Sogar das Bundesverkehrsamt in Flensburg führt ihn ohne Punkt. Brian ist in behüteten Verhältnissen aufgewachsen. Brian hat Maler und Lackierer gelernt, wollte sich selbstständig machen. Arminia Bielefeld hatte ihm kürzlich 313 Euro gezahlt, weil er ein Vereinsgebäude anpinselte. "Der Junge hat jeden Cent in den Fußball gesteckt", erzählt Klaus Inn mit Tränen in den Augen, "er hat die ganze Woche für einen Spieltag gespart. Fußball war sein Leben."
Nach dem Stadionverbot ging es mit Brian bergab. Der Junge weinte jeden Samstag, als die Freunde ohne ihn zum Fußball gingen. Die Anrufe wurdern weniger. Brian verkroch sich immer häufiger in sein Zimer. "Wir haben den Jungen nicht mehr wiedererkannt", erzählt die Mutter. Der Hausarzt schrieb eine Überweisung zum Psychologen. Brian ging zweimal dorthin. Ohne Erfolg. "Brian hat nur noch geweint, wenn Fußball im Fernsehen lief", sagt Heike Inn.
Die Mutter spürte, wie Brian litt - und begann zu kämpfen. Sie flehte Rudi Assauer an, das Stadionverbot aufzuheben ("Ich appeliere an Ihr Fußballherz, es bei einem Warnschuss zu belassen.") Ohne Reaktion. Sie schrieb an Beckenbauer, an den DFB ("Unsere Hoffnung liegt in Ihren Händen."). Erfolglos. Der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Hans Florin, schrieb zurück, dass man nichts machen könne. Brian war in der Zwischenzeit vom Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer wegen "gefährlicher Körperverletzung" zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
"Der Junge ist bei der Verhandlung zusammengebrochen, weil ihm niemand geglaubt hat", sagt Heike Inn. Mit zorniger Stimme fügt sie hinzu: " Er wurde wie ein Hooligan dargestellt." Anwalt Geisler hat inzwischen eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richter Helmut Rottlaender gestellt. Auch weil Rottlaender in einem Berufungsgericht empfahl, ihm "bei der Bekämpfung der Gewaltkriminalität nicht in den Rücken zu fallen".
"Mein Junge ist ein Mal in seinem Leben auffällig geworden", sagt Heike Inn, "warum wurde ausgerechnet an ihm ein Exempel statuiert, um Gewalttäter abzuschrecken?"
Der Schalker Anwalt Kupperian erwidert: "Wir konnten nicht anders handeln. Stadionverbote müssen ausgesprochen werden, wenn eine Körperverletzung vorliegt."
Fünf Jahre Stadionverbot - das war zuviel für den Fußballfan.
Am 30. Dezember klingelt es um 22:45 Uhr bei Familie Inn.
(...)
Irgendwan an diesem 30. Dezember hat Brian den Entschluss gefasst, seinem Leben ein Ende zu setzen. Er ist mit dem Auto zu seinem Angelplatz gefahren und auf einen Strommast geklettert. 24000 Volt sind durch seinen Körper gejagt. Brian Inn ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
http://www.arminia-bielefeld.de
Artikel in der Sport Bild
Autor: AllesfürARMINIA
Klicks: 164
Zeit: 04.02.2004 09:24
TRAUER! Mehr habe ich nicht empfunden als ich gerade den Artikel über Brain Falko Inn in der Sport Bild gelesen habe. Aufgrund einer kleinen Rangelei, wie sie an einem Wochenende dutzende Male in einem Fußballstadion passiert, hat Brian Falko Inn nach unserem Gastspiel in der Arena auf Schalke ein bundesweites fünfjähriges Stadionverbot erteilt bekommen! Dieses Stadionverbot hat dazu geführt, dass sich Brian Falko Inn das Leben genommen hat. Angezettelt wurde das Ganze vom FC SCHALKE 04!!!! Man brauch nicht darüber streiten, Stadionverbote sind sinnvoll, abe nur wenn es sich um wirklich gewaltbereite und immer wieder aufallende "Fans" handelt. Wobei der Ausdruck Fan dort nicht angebracht ist. Brian Falko Inn hingegen hat sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen. An ihm wurde schlicht und ergreifend ein Exempel statuiert. Und zwar von Seiten des FC SCHALKE 04 und des DFB! Man sollte, nachdem nun schon die Sport Bild über eine solche Sache berichtet auch in unserem Stadion auf diese Geschichte aufmerksam machen. Und ich finde, auch unser Verein sollte reagieren. Eine Schweigeminute vor dem Spiel gegen Lübeck sollte das mindeste sein, was unser Verein tun kann. Von anderen Möglichkeiten, den Eltern zu helfen will ich gar nicht reden. Und auch wir Fans sollten zum einen Brian Falko Inn gedenken, aber zum anderen auch gleichzeitig den FC SCHALKE 04 und den DFB anklagen. Nicht vor Gericht, da würden wir keine Chance haben. Aber wenn wir mit einer Plakataktion auf das Geschehen aufmerksam machen, dann werden hoffentlich einige Leute aufwachen. Vielleicht ist es eine vergebene Hoffnung, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. An dieser Stelle möchte ich auch den Eltern von Brian Falko Inn mein Beileid aussprechen. Wir Arminen Fans werden Ihren Sohn, ob bekannterweise oder unbekannterweise für immer in unseren Gedanken haben. Ich kann am Sonntag gegen Lübeck aus beruflichen Gründen leider nicht auf die ALM. Aber ich würde mich freuen, wenn ich im Fernsehen sehe, dass es zu einer Schweigeminute und evtl. auch einer Plakataktion gekommen ist. Oder wenn jemand Fotos machen würde und sie mir zuschickt, wäre ich dafür sehr dankbar. Meine e-Mail Adresse gibt es auf Anfrage.
In Gedenken an Brian Falko Inn
und mit SWB Gruß
ALLES für ARMINIA