Eine (Vor-)Weihnachtsgeschichte
*von Cesc
Nun ist es also mal wieder soweit. Alle Jahre wieder brennt in München beim FC Bayern schon vor dem 1. Advent mal wieder der Baum.
Anstatt in der besinnlichen Zeit fröhliche Lieder zu singen und einträchtig zusammen zu sitzen, treibt der FCB wie die Titanic wieder auf den FC Hollywood zu. Eine Kollision scheint auch hier nicht mehr abwendbar zu sein.
Warum also? Wieso kann man dieses Phänomen Jahr für Jahr an der Säbener Straße bestaunen? Der erste Schnee lässt noch auf sich warten, der Weihnachtsmann am Himmel ist noch fern, doch schon werden in Fankreisen die ersten Flüge zum Mond gefordert.
Nicht selten bekamen Spieler, Trainer und Vorstand die Schuld. Letztes Jahr war es einfachheitshalber einfach nur Klinsmann.
Dass die Probleme ohne ihn nicht abreißen und man nun seinen NAchfolger im Visier hat, sollte aber nachdenklich stimmen.
Die Gründe sind ebenso offensichtlich wie vielschichtig. Aber der Reihe nach.
1.) Der Trainer ist der falsche!
Eine herrliche Parole, wie sie nur von der Créme de la Créme des Bayernfans kommen kann: Dem Stammtisch.
Bei seiner Verpflichtung geriet man in Extase. Nun hat man es schon von Anfang an gewusst, der hat ja noch nie was gewonnen. Mit seiner Art muss man nunmal Erfolg haben. Seine Sprüche werden ihm nach wenigen Monaten schon um die Ohren gehauen. Ich hab heute noch Klinsis "jeden Tag"-Spruch im Ohr...
2.) Das Team spielt nur hintenrum!
Auch hier, natürlich ist der Trainer schuld. Auftritte wie gegen Köln oder Leverkusen zuhause haben bei vielen Fans für Wutanfälle gesorgt. Nicht mal zu unrecht. Aber dass man nahezu jedes Team dominiert und am Ende oftmals nur das letzte Stückchen Glück fehlt ist am Ende egal. 70% Ballbesitz und 4 Torchancen sind eine Rechnung, die fast nicht aufgehen kann.
3.) Die Spieler sind verunsichert!
Natürlich, wer hätte es geahnt, auch hierfür ist natürlich Louis van Gaal verantwortlich. Den Stürmern das Selbstvertauen genommen, den Abwehrchef verjagt, einen Italienischen Stadionflüchtling und Lahm mit dem Hilferuf nach aussen. Hier stimmt vieles nicht. Nur gut, dass wir mit Phillip Laux den wohl bestbezahltesten Sport-Psychologen im Team haben, der sich um diese Probleme kümmert...
Doch der letzte Grund ist für mich auch der wichtigste.
4.) Die Fans wohnen neben Peter Pan in Nimmerland!
Von besonders toller Stimmung hat man ja noch nie in der Allianz Arena gehört. Aber das Pfeifkonzert nach dem Spiel ist spektakulär. Da wären die Scorpions bei ihrem Welthit stolz gewesen. Da wird Kollege Laux wieder viel zu tun haben, wenn die van Bommels und Kloses nach dem Spiel wieder auf der Couch liegen, mit feuchten Augen, und sich beklagen dass die Fans zu früh und zu laut pfeiffen.
Nunja, ganz unrecht hätten sie nicht. Der Großteil hat eben noch nicht begriffen, dass man nicht mehr der FCB ist, für den man sich hält. Ein 0:6 wie Bremen in Freiburg? Vorerst nicht.
Ein CL-Spiel gegen Arsenal oder Real Madrid wo man den Gegner wie vor Jahren an die Wand spielt? Leider vorerst auch nicht.
Der FCB kann nunmal nicht die Punkte mit dem Erscheinen des Mannschaftsbusses holen. Früher wäre Leverkusen spätestens mit dem Anstimmens des "Stern des Südens" weinend aus der Arena gelaufen und hätte ein 3:0 für den FCB sofort unterschrieben. Heute holen die frechen Leverkusener doch tatsächlich einen Punkt. Respektlos!
Die Gegner haben kein Mitleid mehr, die eigenen Fans schon gar nicht.
Solange aber nicht begriffen wird, dass man nicht Meister wird, weil man rot-weiße Trikots und 4 Sterne auf diesem hat, wird die Zeit noch schwer. Und damit meine Ich nicht die Zeit, mit dem Warten auf Weihnachten.
Naja, ich bin gespannt was dieses Jahr unterm Weihnachtsbaum liegt. Ein neuer Trainer? Vielleicht...
Aber solange sich auf dem Platz, in den Köpfen von Spielern und Fans nicht grundlegend etwas verändert wird es auch Weihnachten 2010 wieder wärmer als erwartet in München. Auch ohne Klimaerwärmung. Und auch da wird es unterm Weihnachtsbaum wieder viele unerfüllte Wünsche geben und vielleicht auch 1-2 große Geschenke.
Und weil das in absehbarer Zeit nicht passieren wird, geht es beim FCB auch in Zukunft zu wie beim Zahnarzt, wenngleich man sich als Zuschauer zuletzt manchmal schon so gefühlt hat, als wäre man bereits Patient bei selbigem.
Nunja, vielleicht hat man dieses Jahr doch etwas mehr Geduld als ein 5-Jähriger am morgen des heiligen Abends, aber Ich höre die Sprechstundenhilfe schon sagen:
"Der nächste bitte..."
|