Habe das Staffelfinale Montag gesehen und lange gebraucht, um wieder runterzukommen. Sauer bin ich immernoch
Nachfolgend ein paar positive Punkte zur Episode und der Montag begonnene Versuch eines reinigenden Auslassens über die negativen Aspekte, die mich am meisten gestört haben.
Positiv:
+ Einige kleine Charakter(-weiter-)entwicklungen (Morgan, der seinen Kodex überwindet und als ultima ratio den Savior erschießt, um Carol zu retten ; Eugene, der sich weiter endlich zu einem einigermaßen brauchbaren Charakter mausert und das hier sogar recht emsig ; vglweise schlüssige Auflösung der Staffelhandlung:"Aufstieg und Fall des Rick Grimes")
+ Der Psychoterror der Saviors (eigtl ziemlich unnötige und vor allem massiv ressourcenlastige [sowie extrem unlogische, s.u.] Aktion, die aber besonders dazu geeignet schien, den Willen der ASZ[-Gruppe] zu brechen; zudem zwar eigenwillig, aber doch nicht gänzlich uninteressant in Szene gesetzt) & die Einführung Negans (sowohl Inszenierung, als auch schauspielerische Darstellung, allerdings mit teils deutlichen Abzügen für einige lächerliche Formulierungen im Monolog [s.u.])
+ Für sich genommen (sprich: vom Cliffhanger gelöst) die Darstellung der letzten Szene, inkl POV-Ansicht. Vorher massiver, wenn auch lang gezogener Spannungsaufbau, der letztlich in einer extrem unangenehmen, beklemmenden Darstellung des Todes eines Menschen aus dessen Perspektive kulminierte und das ohne Splatter-Darstellung. War für mich der blanke Horror. Den ich persönlich eigtl gar nicht gebraucht hätte, aber aufgrund des Settings der Serie und bisheriger Gewaltdarstellungen ist mit sowas zu rechnen und objektiv gesehen, fand ich es stark umgesetzt. IRd vorherigen Spannungsaufbaus muss aber wohl meine subjektive Erwartungshaltung rausgerechnet werden, da ich wusste, dass am Ende der Episode jmd sterben würde und die Negan-Geschichte eigtl seit Staffel-Beginn stark forciert wurde.
+ Die Promotion für S7E01. Mittelfinger (s.u.) hin oder her, eines muss man den Machern lassen: sie haben ihre Serie durch den Cliffhanger extrem stark in's Gespräch gebracht, noch ungleich stärker, als ohnehin schon und das Publikum max getriggert. Auch max verprellt, ja. Aber die massiven Spekulationen und die Heftigkeit der Reaktionen sprechen in gewisser weise für einen Marketing-Geniestreich, der mMn gute Chancen hat, sich am Ende auszuzahlen. Klar sind jetzt viele Zuschauer erstmal verprellt, aber die Chancen stehen gut, dass sich das bis Oktober legen und in Spannung umwandeln wird. Sehe zumindest die Wahrscheinlichkeit für einen persönlichen Quotenhochrekord im Oktober deutlich höher an, als einen Einbruch.
Negativ:
Carol&Morgan-Nebenhandlung:
- Die Inszenierung der Rettung Carols vor dem Savior durch Morgan fand ich dramaturgisch schwach. Er hatte sie bereits vorher gefunden und war im Anschluss zu Pferd deutlich schneller, als sie. Demnach hatte er gute Chancen, sie bald wiederzufinden und es war klar, dass er die Szene mit Carol und dem Savior zu Carols gunsten auflösen würde.
- Carols Verhalten bzgl der Darstellung ihres vermeintlichen Todeswunsches empfand ich iRd nicht als stringent: beim Container tötete sie noch den Walker, der sie anfiel – vorher (schutzlos und offensichtlich im Hauseingang liegend und Morgan abweisend) und nachher (bei Überwältigung durch den Savior) wollte sie dann aber sterben – ahja!? Generell gefiel mir die einigermaßen plötzliche (Rück-)Entwicklung Carols in der zweiten Staffelhälfte nicht sonderlich gut, da ich sie logisch eher bedingt nachvollziehen konnte.
- Der angeschossene Savior schleppt sich also wie lange – einen halben Tag? - durch die Gegend, um nach Carol zu suchen; mit einer Schusswunde am Rücken. Gibt zwar Stellen, bei denen der Blutverlust deutlich schneller vonstatten geht, aber ohne die Blutung zu stillen oder wenigstens einen Druckverband hätte der in der Zwischenzeit irgendwo bewusstlos am Boden liegen und krepieren müssen.
- Insg brach der Morgan&Carol-Strang für mich den Hauptstrang unnötig auseinander und zerstörte ein Stück weit die Atmosphäre, insb bzgl der eigtl notwendigen Erzähldichte der Straßenblockaden. Wäre sinnvoller gewesen, den Ausflug von Rick und Morgan in der vorherigen Episode wegzulassen und den Strang in der vorherigen Folge so zu Ende zu führen. Dementsprechend fand ich auch generell die Überlänge der Episode unsinnig und unnötig. Anders wäre es gewesen, wenn man die Fraktion/mgl Siedlung der Reiter schon mehr gezeigt hätte und dabei – je nachdem, was von den Überlebenden dort zu erwarten ist – entweder die Inszenierung der Ausweglosigkeit unterstützt oder mit einem Silberstreif am Horizont aufgebrochen hätte; das bloße Anbieten von Hilfe bei der mehrfach angeschossenen Carol war mir da zu wenig. Wobei für mich auch nicht ersichtlich war, dass die beiden Hockey-Typen die Situation voll mitangesehen hätten und ich es naiv fand, Morgan da einfach mal zu glauben und mit runtergelassener Deckung und ohne Schusswaffen auf den pistolisierten Morgan zuzugehen, während eine angeschossene Carol am Boden lag.
Haupthandlungsstrang:
- Die Szene mit Carl und Enid empfand ich unnötig und als erste vieler nerviger Nebelkerzen zum Support der Endszene, bzw des anschließenden Cliffhangers.
- Alexandria wird nahezu unbewacht zurückgelassen, weil quasi alle, die dazu fähig sind eine Waffe zu halten, ohne sich dabei selbst zu erschießen und die nicht ohnehin schon unterwegs sind (was den in der ASZ verbliebenen Charakteren vollkommen egal gewesen zu sein scheint) mitgenommen werden. Wobei für mich auch logisch nicht ersichtlich ist, warum da unbedingt so viele mitfahren mussten (diente lediglich dazu Negan mehr Köpfe zu präsentieren).
- Die Saviors wussten nicht nur im Voraus, dass eine Gruppe mit einem Fahrzeug aus der ASZ aufbrechen würde, nein! - Sie wussten natürlich auch, wohin die Reise gehen sollte, bzw auf welcher Straße sie sich positionieren mussten, um die erste und vglbar harmloseste Straßenblockade zu bilden, bei der noch geredet wurde. Und das wussten sie selbstverständlich so früh, dass sie vorher (noch bevor die ASZ-Reisegruppe überhaupt losfährt) noch einen flüchtigen Typen, relativ willkürlich wirkend, durch irgendeinen Wald verfolgen konnten, um dann (kurz nach Aufbruch von Rick und Co.) mit ihm genau auf besagter Straße aufschlagen zu können, die sie bereits in weiser Voraussicht mit ihren Wagen versperrt hatten (BEVOR der RV die ASZ überhaupt verließ
)! Dieser Logikfehler lässt sich mMn auch nicht mit etwaigen Savior-Spähern/Beobachtern der ASZ erklären (solche schien es ja mittlerweile zu geben, vgl die Anmerkung der Savior-Kleingruppe, die Megawoman-Ärmel-Carol in der vorherigen Folge größtenteils niedergemetzelt hat, wonach ihnen die Holzspieß-Autos der ASZ mittlerweile geläufig waren).
Daran anschließend hat mich auch die zweite Straßensperre mit den Warnschüssen noch gestört, bzw erneut das augenscheinliche Wissen der Saviors, wo diese zu platzieren war. Sie konnten schlichtweg nicht wissen, dass die RV-Gruppe zum Hilltop wollte (auch mit etwaigen Beobachtern nicht – es sei denn, die konnten durch Ferngläser lippenlesen
), also auch nicht, über welche Straße der RV seine Reise nach der ersten Blockade fortsetzen würde. Gut, lässt sich ggf etwas über die Truppenstärke der Saviors entkräften, mgl, dass es noch mehr Warnschussblockaden gab; vllt haben die Saviors sogar alle Straßen, bis auf die mit der Walker-Kette dicht gemacht, um den RV in die für sie richtige Richtung (zur Walker-Kette) zu lenken. Vllt auch den Weg zurück zur ASZ. - Das hätte man dann aber mMn zwingend zeigen müssen. Durch die Darstellung, wie geschehen, ist es nicht einleuchtend, wie die Saviors davon ausgehen konnten, der RV würde nicht einfach umkehren und seine vermeintliche Mission (über die Motivation der Fahrt konnten die Saviors genau so wenig Bescheid wissen, wie über das Ziel des RV – ebensowenig den Zeitpunkt für den Antritt der Fahrt/, dass überhaupt eine Fahrt stattfinden würde) abbrechen.
- "Pee-Pee-Pants-City" uä lächerliche Formulierungen im eigtl starken Negan-Monolog. Schon klar, dass der Typ nicht mehr alle Waffeln beisammen hat; weder am Zaun, noch im Schrank. Auch klar, dass die TV-Version auskommen muss, ohne dass auch nur ein F*ck gegivent wird – ok. Dennoch hätte es da iRd Schreibens des Monologs ganz sicher bessere Mittel gegeben, um dem Zuschauer letzten Endes einen durchgehend bedrohlichen Kopfkaputtnick zu präsentieren, ohne bei eben jenem Zuschauer alle zwei, drei Sätze das Verlangen, seinen Kopf auf die Tischplatte zu knallen und "Das haben sie ihn jetzt nicht wirklich in dieser Situation sagen lassen" zu stöhnen, auszulösen.
- Vollkommen hanebüchenes Auseinanderreissen eines schlüssigen Momentums durch den Cliffhanger. Die gesamte Staffel iVm der zugehörigen Promo war rückblickend eigtl nur auf zwei Punkte ausgerichtet: Ricks Build Up zum vermeintlich überragenden ASZ-Leader mit anschließendem Zusammenbruch dieses Konzepts im Staffelfinale – und Negans Einbringung, eng verbunden mit dem Tod eines (vermientlichen Haupt-)Charakters. Die Umsetzung des zweiten Punkts iF eines Cliffhangers grätschte jedweder geweckter Erwartungshalten mit offenen Sohlen in die Leistengegend und führt jetzt iE zu einer storytechnisch vollkommen unlogischen und unnötigen Zäsur. Sich dann hintenraus hinzustellen und die Geschichte der Staffel für schlüssig beendet zu erklären, weil der oben angeführte erste Hauptpunkt ja abgehandelt worden und der Tod der noch offenen Figur Beginn einer neuen Geschichte sei, empfinde ich als schäbig. Das Gesamtpaket wurde hier in letzter Konsequenz zu einem gigantischen Mittelfinger an's Publikum zusammengeschnürt, das sich jetzt – mMn zu recht – zu weiten Teilen furchtbar ver*rscht fühlt.
Gleichzeitig stellte sich TWD damit gewissermaßen ein teilweise überfälliges Armutszeugnis aus. Im Fokus der Serie standen eigtl mal die Verhaltensweisen und Charakterentwicklungen von Menschen in einer absoluten, allumfassenden Extremsituation (=Zombie-Apokalypse). Spätestens mit Staffel 6 (und insb ihren Fake-Toden, vgl etwa Müllcontainer-Glenn und Schulterschuss-Daryl) wurde der Fokus extrem auf die Frage "Wer stirbt als nächstes?" gelenkt; die Charakterentwicklungen traten zu großen Teilen in den Hintergrund oder wurden schwach umgesetzt. Ausnahme: zwei, drei Episoden ab Beginn der zweiten Staffelhälfte. Da dachte ich zeitweise, die Verantwortlichen würden nochmal die Kurve kriegen. In den letzten beiden Episoden kam dann aber der absolute Kollaps, der zu diesem furchtbar hinkonstruierten Staffelfinale führte. Insg enorm schwache Staffel für mich (mit Ausnahme der zwei, drei Episoden ab Beginn Staffelhälfte 2). "Aufstieg und Fall des Rick Grimes" zwar letzten Endes sogar recht gut dargestellt, aber das allein ist mir für eine ganze Staffel zu wenig und teilweise mit aus meiner Sicht absolut unlauteren Mitteln geschehen.
- ALLE (!) Nebelkerzen aka emotionalen Momente der RV-Crew untereinander, die einzig und allein dem Zweck dienten, den Cliffhanger am Ende zu supporten, indem sie mehr oder minder TWD-typische, dramaturgische Fährten in Richtung mglst vieler potentieller Lucille-Opfer – oder von diesen weg (hier insb Glenns "Ausraster", als Negan andeutete er könnte Maggie den Schädel einschlagen – mit anschließender vorläufiger und temporärer "Begnadigung" Glenns) legten.
In Verbindung damit auch die offene Ausnutzung des Episodentitels und -konzepts "Last Day On Earth" zum Support des Cliffhangers. Hier erfuhren beide Teilgruppen der ASZ-ler, die letztlich vor Negan landen (Van und RV), ein vermeintliches Foreshadowing, um ja nicht zu viele potentielle Opfer auszuschließen. Bei der RV-Gruppe ist es der Dialog zw Rick und dem Savior, der den Episodentitel einbindet; der Savior gibt Rick zu bedenken:"Be nice to your people, could be their last day on earth." (so in etwa). Bei der Van-Gruppe die kurzen POV-Szenen aus dem Inneren des Vans iVm der POV-Schlussszene als mgl Darstellung des letzten Tags des Lucille-Opfers, sofern dieses der Van-Gruppe angehört haben sollte.
Wer ist tot?
Weder Rick, noch Carl, was auch ohne das Rausschreiben aus der Gefahrenzone relativ klar war. Ich weiß nicht, ob es – gemessen an den letzten Episoden – noch groß Sinn hat, Argumente daran zu knüpfen, aber rein logisch sind für mich auch Maggie und Sascha definitiv raus aus der Verlosung. Blinder Carl und augenfutternder Rick hin oder her – hätte Glenn eine Chance gesehen durch ein "No, please take me instead." seine Frau und sein ungeborenes Kind vllt doch noch vor Lucille zu retten, als Negan vor ihnen stand, hätte er sich wenigstens noch angeboten. Mit ähnlicher Begründung ergibt sich noch ein halber Zusatz-Save für Maggie durch Aaron, der sich als ihr persönlicher Hauself-Leibeigener-Bodyguard zu sehen scheint und ja sooo unbedingt mit auf diesen Trip wollte
Abraham für Sascha, wie Glenn für Maggie. Mit dem Zusatz, dass mir niemand verkaufen kann, dass dieser vorher komplett kaputte, gebrochene Typ, der zuletzt seine ganz Welt auf Sascha auf-, bzw umbaute, nicht komplett durchdrehen und Negan attackieren würde, wenn der Abes neue Welt in Scherben/zu Brei schlagen würde. Die logische Folge wäre aus meiner Sicht eine Kettenreaktion, die den Tod der gesamten Gruppe und damit fast des gesamten Main Casts zur Folge hätte -> not gonna happen ... leider?
Michonne sehe ich durch Rick nicht so abgesichert. Der ist gerade auf 'nem ganz anderen Stern und hat immerhin noch Carl und Judith zu verlieren. Trotzdem glaube ich nicht an sie als Opfer, da war viel zu wenig Bohai um ihre Person und Verbindungen zu anderen Charakteren. Btw: Die Tatsache, dass ich die Pärchen-Überlegung in den ersten beiden Fällen nicht auch mit umgekehrten Geschlechtervorzeichen anstelle, spricht nicht unbedingt für eine etwaige Inszenierung starker weiblicher Charaktere
Sollte die Matschbirne von Bäumen der Gattung Aaron oder Rosita fallen, bin ich erstmal wieder (als die Serie iRd Knast/Woodbury-Handlung auf der Stelle trat, wurde es mir irgendwann zu bunt und ich habe erst weitergeschaut, als die Handlung bereits irgendwo zwischen Terminus und KH war) raus. Wen es erwischt hat, will ich definitiv sehen, ich komme mir dabei etwas schäbig vor und gestehe das den Verantwortlichen nur ungern zu (gerade gemessen an obigen Ausführungen dazu, wie sich die Serie entwickelt hat), aber ich will. Sollte aber zum ersten Mittelfinger noch ein zweiter iFd Todes eines vollkommen unbedeutenden Charakters dazu gekommen und den veranstalteten Hype komplett ad absurdum führen (was irgendwo groß, aber vor allem groß Scheiße wäre), mag ich mir das erstmal nicht weiter antun.
Bleiben: Eugene, Glenn, Abraham und Daryl (ungeordnet). Habe nach dem Staffelfinale quasi aus Trotz hier und da was zu den Comics gelesen und bei den drei Figuren, die auch im Comic auftauchen, uU darauf aufbauend die ein oder andere Gewichtung, die ich hier mal ausspare. Zumal sie ggf über das Offensichtliche hinaus gesehen. Aber einen der vier müsste es zerlegen, sofern die Verantworlichen nicht kompletten Unfug ... oh, wait ...
Nur anhand der Serienereignisse ist trotz der Container-Geschichte weiter Glenn mein Favorit (Stichwort: Fotos zermatschter Köpfe im Savior-Außenposten und Stacheldraht-Easter Egg vor Alexandria), was nach der Container-Geschichte und etwaiger anderer Faktoren den nächsten mittelschweren Shitstorm auslösen würde
– Aber aufgrund der Verweigerung der Macher und Autoren vor dem Konzept erzählerischer Stringenz (arme Teufel, die jetzt ernsthaft den Abzählreim auszählen uÄ; der Schnitt allein hat schon überdeutlich gesagt:"Versucht es erst gar nicht
" – verstärkter Effekt durch die ganzen Nebelkerzen) lässt sich da gar keine einigermaßen sichere Prognose anstellen.
Zuletzt bearbeitet von Gast am 7 Apr 2016 16:53, insgesamt einmal bearbeitet