Der ein oder andere wird sich sicherlich fragen, worauf ich mit dieser Überschrift hinaus will, aber dazu später, denn erst möchte ich meine Eindrücke und Erlebnisse einer besonderen Fußball-Tour wiedergeben. Auf Grund meiner Vereinszugehörigkeit, habe ich leider nicht die Möglichkeit, mein Team auf internationaler Ebene zu unterstützen, so dass ich ab und an andere interessante Spiele in Europa gucke und so meine beiden Hobbies Reisen und Fußball verbinde.
Diese Woche standen zwei Duelle der Europaleague auf dem Programm:
2.12.2009 – Levski Sofia vs. FC Villareal
3.12.2009 – Galatasaray Istanbul vs. Panathinaikos Athen
Nach kurzer Rücksprache mit Chris wurden Billigflieger und deren Reiserouten sowie Preise sondiert. Schnell wurde man sich einig und so flogen wir am frühen Nachmittag des 2.12.2009 von Dortmund nach Sofia. Die Anreise nach Dortmund erfolgte via Regionalexpress der bezeichnenderweise preislich das gleiche Niveau hatte wie der anschließende Flug. In Sofia angekommen sollte erstmal Geld gewechselt werden aber statt des erwartenden Kurses (2 Leva sind ~1 €) hätte es am Flughafen einen Wechselkurs von 1.57 gegeben, so dass wir für 3 € für einen 9-Sitzer bezahlt haben, der uns zur Central Bus Station gebracht hat, wo wir Tickets für den Nachtbus nach Istanbul erwerben wollten. Nach 150 Metern Fußmarsch trafen wir auf eine Wechselstube die einen Kurs von 1.94 veranschlagte und tauschten insgesamt 100 € um. Sicherlich viel Geld, aber es musste noch der Nachtbus, die Eintrittskarten sowie einige Getränkekaltschalen finanziert werden.
Besagter Nachtbus fuhr um 23:00 Uhr Ortszeit ab und sollte in den Morgenstunden in Istanbul ankommen. Maya, eine übers Internet kennengelernte Journalistin aus Sofia, hatte dort für uns zwei Plätze reserviert sowie zwei Eintrittskarten für das UEFA Cup Spiel besorgt. Einen Online-Verkauf gibt es in Sofia nicht; zudem startet der Ticketverkauf dort in der Woche des Spiels selber. Wir hatten jedoch weder eine Bestätigung; noch Mayas Handynummer oder waren in ieiner Form dazu in der Lage kyrillische Schriftzeichen zu entziffern, so dass wir das schlimmste befürchteten und uns sämtliche Horrorszenarien ausmalten. Zudem konnte ich mich, warum auch immer, mit meinem Handy nicht ins Internet einwählen und daher auch keine Mails (ich bat Maya um ihre Handynummer) abrufen.
Nach kurzer Suche fanden wir den entsprechenden Busschalter, haben uns auf Englisch verständigt und unsere Personalausweise rüber geschoben. Alles klappte glücklicherweise problemlos und statt der erwarteten 100 Leva mussten wir nur 90 bezahlen, da es noch 10% Studentenrabatt gab
Gerade noch im Gespräch mit der Frau vom Busverkaufsschalten und sehr froh, dass alles mit den Bussen geklappt hat und wir uns damit abfanden uns am Stadion mit Tickets einzudecken, wurden wir von der Seite angesprochen. Erste Intuition war Geldbettelei und dann direkt mal mit „no“ geantwortet. Noch mal hingeguckt und nachgefragt… Es war oben erwähnte Maya, die unser grobes Zeitraster hatte. Also noch mal vorgestellt und uns für ihre Hilfe bedankt. Unser Gepäck, jeweils nur ein Rucksack, wurde an einem Schalter aufgegeben und wir luden Maya auf ein Bier ein; quatschten ein wenig und tauschen Eintrittskarten gegen Geld. Dann hat sie uns noch gezeigt, welchen Bus wir nehmen sollten, da sie leider noch arbeiten musste und dem Busfahrer auf Bulgarisch gesagt, wo er uns rauslassen sollte. Eigentlich kostet der Bus 1 Leva; aber der Busfahrer bat uns nach vorne auf seinen Notsitz, bot uns seine eigenen Zigaretten - im Nichtraucherbus - an und zahlen mussten wir natürlich gar nicht. Eine Kommunikation war auf Grund unserer fehlenden Bulgarischkenntnisse leider nicht möglich, so dass wir uns auf „Berbatov“ beschränkten und über die Zeichensprache erfuhren dass er Anhänger von CSKA Sofia ist. Er hätte wohl nicht viel gefehlt und er hätte uns ins Stadion gefahren.
Unglaublich welche Gastfreundschaft uns in Bulgarien erwartet hat; sowohl von Maya als auch von sämtlichen anderen Personen. Dafür vielen Dank!
Im Stadion angekommen, haben wir uns erst einmal umgesehen und wollten uns die nächsten Gerstensäfte gönnen. Widererwarten ging dies leider nicht, da man im Stadion nur Wasser und Sonnenblumenkerne erwerben konnte, so dass wir einen Blick auf „Sektor B“ warfen. Die Ultras von Levski Sofia haben im Georgi Asparuhov Stadion, in dem sich ca. 8.000 Zuschauer einfanden, eine eigene Kurve und wussten auch sonst durchaus zu gefallen. Neben diversen Zaunfahnen fanden sich dort ca. 3.500 Leute; Spruchbänder und drei große Schwenkfahnen ein und erzeugten eine recht ansehnliche Stimmung. Oft hat man auch Zuschauer auf der Haupttribüne und der Gegengeraden in Gesänge mit einbezogen. Das Spiel selber war auf eher schlechterem Niveau und hätte durchaus auch ein Montagsabendspiel im DSF sein können. Einzig der eingewechselte Senna ließ sein Können ab und an aufblitzen und erzielte auch das 2:0. Villareal tat nicht mehr als nötig, erfreute 20 mitgereiste Fans und gewann dann auch verdient.
Wir suchten uns ein Taxi; fuhren wieder zur Busstation; wechselten unsere Jeans in eine Jogginghose und überlegten was wir mit den restlichen Leva noch machen könnten. Klar war wir brauchten eine Kleinigkeit zu essen und waren immer noch erstaunt über die verhältnismäßig günstigen Preise in Sofia. Da Leva für uns keinen nutzen mehr haben sollten wurde der Rest für Kaugummis, Dosenbier und Wasser verprasst und der Gang zum Busgleis 40 angetreten.
Der Bus war überraschend modern. Ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem Reisebus, der ordentlich Beinfreiheit bot und wo jeder Sitz mit einem eigenen TV versehen war. Da wir weiterhin kein Bulgarisch verstanden und auch keine SD-Karte mit eigenen Filmen dabei hatten zogen wir es vor eben gekaufte Büchsen zu leeren, was uns jedoch nach der ersten leeren Dose von der Reisebegleiterin untersagt wurde. Also Musik an, Kopfhörer ins Ohr und schlafen. Gegen 3 Uhr nachts war dann aufstehen angesagt; Grenzkontrolle auf dem Landweg in die Türkei. Nach einigen Problemen „Show me your passport“ (wir hatten nur unsere Personalausweise dabei, was nach unseren Informationen auch ausreichend war bzw. ist) wurde bei uns auf jede Kontrolle verzichtet. Da wir noch ein Duty Free Center ansteuerten und die Busbesatzung auf Zigaretten und ähnliche Güter stand kam es zu einer erneuten Zollkontrolle und einem 45minütigen Aufenthalt.
Kurze Zeit später gelang uns glücklicherweise die Fortsetzung unserer Träume und so schliefen wir bis zur morgendlichen Ankunft (7:00 Uhr) mehr oder weniger durch. Vielleicht gar nicht verkehrt, da heute ein dickes Rahmenprogramm und v.a. auch einiges an Sightseeing stattfinden sollte. Nichtsdestotrotz freuten wir uns auf die anstehende Dusche und wollten unser Gepäck im Hotel abgeben.
Anders als sonst wurde nicht im Hostel genächtigt, sondern eine kostenfreie Nacht im neuerbauten Park Hyatt Istanbul genutzt. Nach einer Stadtrundfahrt mit Metro, Tram, Seilbahn und Fußmarsch sowie einem schönen Panoramafoto und Einblicken ins Inönü-Stadion (Besiktas) kamen wir in einem der luxuriösesten Hotels von Istanbul an. Während wir immer noch bzw. immer wieder über die Badewanne und die Dusche inkl. Hamamfunktion staunten, kam der Concierge um uns eine Schale mit frischem Obst zu bringen. Nach einer Dusche brachen wir auf um Istanbul zu erkunden und eine Kleinigkeit zu snacken. Abgesehen von der teilweise anstrengenden Bauweise ist Istanbul eine geile Stadt. Wir haben den Galata-Tower bestiegen um eine Aussicht zu bekommen; sind durch Taksim gelaufen, haben den Beyazitturm sowie die Sultan-Ahmed-Moschee gesehen. Danach ging es noch über die Galatabrücke, hat diversen Anglern beim Fischen zu geschaut und ist noch durch eine Markthalle geschlendert. Zwischendurch wurde noch ein Stopp in einem türk. Cafe mit Shisha und Tee eingelegt. Bier wollte man uns dort nicht verkaufen, so dass wir auf dem Rückweg Richtung Hotel doch noch in einem Restaurant anhielten. Im Hotel wurde sich noch kurz frisch gemacht, zwei bulgarische Kamenitza aus der Nähe begutachtet und dann ging es Richtung Ali-Sami-Yen. Beim Concierge musste man sich erstmal entschuldigen, dass man für einen 20minütigen Weg kein Taxi nutzt, sondern lieber ein paar Schritte durch Istanbul geht.
Nachdem die Karten beim Biletix-Stand abgeholt wurden, gönnten wir uns eine Stärkung und gingen früh ins Stadion. Dort wartete auch schon die erste Enttäuschung. Aus Athen kamen, abgesehen von ca. 50 Gästen auf der VIP-Tribüne keine Anhänger mit. Das Stadion sah zudem auch noch recht leer aus, hat sich aber bis zum Anpfiff abgesehen vom Gästeblock und einem Sicherheitsblock doch noch ganz gefüllt. Zudem standen wir mitten in der Fankurve, die sich `ne knappe Stunde eingesungen hatte und freuten uns auf ein erstes Pyrointro. Auch dieses kam leider nicht
Abgesehen von einem Bengalo nach dem vermeintlichen 1:0 und ein wenig Rauch kurz vor Spielende gab es keine Tifo-Materialien. Auch Schwenkfahnen oder ähnliches hat man nicht vernommen. Trotzdem gab es auch ein paar Sachen die mir wirklich gut gefallen haben; u.a. der Verzicht auf ein Megafon. Es gibt einen Vorklatscher, der viel mit Gesten arbeitet und v.a. Leute und ruhige Ecken animiert. Zudem gibt es noch einige Capos im Fanblock die Gesänge aufnehmen und direkt weitergeben. Ein sehr gut funktionierendes System. Ebenfalls sehr ansprechend war das gleichzeitige Auf- und Ab-Bewegen des Schals sowie die Stimmung die auch von den anderen Tribünen überschwappte. Alle im Stadion anwesenden Fans waren bereit zwischendurch mal Gas zu geben. Man will sich gar nicht ausmalen, wie schön und laut es hätte werden können, wenn man mal von Gästefans gefordert wird.
Nach einer vermeintlichen Abkürzung zum Hotel mussten wir aufs Taxi umsatteln; ein letztes Kamenitza und dann ein paar Stunden Schlaf bevor es in den Morgenstunden zurück nach Deutschland ging.
Zusammenfassend muss man sagen, dass wir sämtliche Warnhinweise auf die Geschwindigkeit übersehen haben und das 5000 KM einfach zu viel für 48 Stunden sind. Die Stadt Istanbul fand ich absolut faszinierend und hätte gerne noch länger dort verbracht. Man sieht in der kurzen Zeit leider fast gar nichts.
Hier noch ein paar Bilder:
1) Sektor B (Ultras Levski Sofia)
2) Panorama in Karaköy
3) Inönü-Stadion (Besiktas Istanbul)
4) Sultan-Ahmed Moschee
5) Schalbewegung in der Heimkurve
6) Blick aufs Ali-Sami-Yen (Galatasaray Istanbul)
7) Feiern der Heimkurve
http://philipp-w.medion-fotoalbum.de/ - einfach auf Album Sofia & Istanbul gehen.
Vielleicht gefällt ja dem ein oder anderen auch mal ein Reisebericht!