Wertevermittlung im Sportverein

Hallo Leute,

ich bin Referendar für Sport und Geschichte an einem Gymnasium.
Gestern habe ich mit meinen Kids (14-15) im Sortunterricht Brennball gespielt. Dabei haben einige der Jungen ständig versucht zu schummeln - Zeit schinden, sich in den Weg stellen, abkürzen - solche Dinge eben.

Ich dachte mir "okay, das haben die sich von den Fußballprofis abgeguckt" und hab das dann nachher im Gespräch thematisiert. Dabei hab ich sowas gesagt wie "Viele von euch spielen doch im Verein, da wird euch doch sicher sowas wie Fairplay vermittelt."
Von wegen, offenbar trainieren die Jungs sogar Zeitspiel und machen Schwalbentraining!

Da war ich erstmal platt. Find nur ich das bedenklich und seh das zu eng oder ist das ne Sache die im Verein einfach gar nicht klar geht?

Freu mich auf eure Meinungen!

Das is echt hart, dass die sowas trainieren, aber wirklich neu ist es leider nicht.
Bei uns im Verein war das früher auch schon ähnlich, jedenfalls als ich noch bei kleineren Vereinen war. Da haben die Trainer den körperlich schwächeren (kleineren) Spielern auch immer gesagt, dass sie sich gegen die Schränke einfach fallen lassen sollen, weil die Schiedsrichter die kleineren schützen.
Genauso wurde dann gesagt "Wenn ihr fallt, schreit, das hilft".

Gut muss und sollte man das nicht finden. Normalität ist es aber leider.

Also man muss da mMn immer zwischen clever die Spielregeln ausgenutzt und Fairplay unterscheiden.

Beim Brennball z.B. den Ball irgendwo drauf werfen ist erlaubt und clever. Abkürzen oder in den Weg stellen ist einfach ein Regelverstoß, das muss man den Kids von Anfang an klar machen. Die Regeln müssen klar sein und dürfen nicht irgendwie dehnbar sein, ansonsten wird es immer min. einen geben der es versucht. Und bei Regelverstoß muss auch direkt eingegriffen werden, damit die eigene Mannschaft Druck auf den Schummler aufbaut das zu unterlassen. Das hat auch wenig mit Fairplay zu tun sondern wirst du in dem Alter immer erleben.

Das in Sportvereinen bei zu ehrgeizigen Trainern und Eltern das Fairplay aber immer wieder mit Füßen getreten wird hab ich auch schon oft bemerkt. Egal ob Eltern die einen jungen Schiri zur Sau machen, Spieler die nach einem Foul + Einwurf den Ball nicht wieder abgeben oder auch Trainer die völlig zur Wildsau werden. Alles Dinge die man jedes Wochenende an fast jedem Fussballplatz erleben kann.

Sehr interessantes Thema!

Muss mich zunächst mal Brot anschließen. Als Lehrer bist du ja für die Regeln zuständig und da musst du einfach den Regelverstoß entsprechend ahnden.
Hier und da mal Zeit zu schinden oder sich in den Weg zu stellen finde ich übrigens nicht zwangsläufig gegen den Fair-Play, sondern taktisches Spiel bzw. gewinnen zu wollen. Verstößt er klar gegen die Regeln gehört natürlich eingegriffen

Ich bin selbst Jugendtrainer und trainiere Zeitspiel sicherlich nicht bewusst. Wenn man aber kurz vor Spielende knapp führt, dann sagt man schon mal "Lass dir beim Einwurf ruhig etwas Zeit".
In meinen Augen ist das aber auch nicht zwangsläufig gegen den Fair-Play Gedanken. Grobe Fouls, Schwalben & Unsportlichkeiten heißen Trainer die ich kenne nicht und gut und haben des Öfteren schon Spieler deswegen zeitweise suspendiert (Ich übrigens auch schon).
Das Trainer an der Linie ausflippen ist übrigens kein Problem der kleineren Mannschaften. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Vorbilder Streich, Tuchel, Klopp u.Ä. jedes Wochenende ständig ausflippen

Ich hab das sanktioniert, indem ich der anderen Mannschaft Extrazeit beim Laufen gegeben hab.
Beim nächsten Mal werd ich das Spiel wohl unterbrechen und dann während des laifenden Spiels was sagen.

Zum Thema "Zeitspiel als taktische Maßnahme": Klar, als aktiver Fußballer hatte ich bei nem Rückstand auch eiliger einzuwerfen als bei ner knappen Führung. Aber wie die da teilweise extra am Kasten vorbeigeworfen haben, weil von der anderen Mannschaft keiner mehr im Feld war oder sich den Ball noch fünfmal hin-und-her geworfen haben war schon nicht mehr feierlich.

Ich thematisiere das mit meinen Kids in der Schule auch des Öfteren. Als Lehrer sollte man sich aber vor Augen halten, dass die Ziele des Sportunterrichts nicht (mehr) gleichzusetzen sind mit den Zielen, die man z.B. als Fußballmannschaft erreichen will.
Fairplay, Respekt und gegenseitige Hilfe und Rücksichtsnahme schreibe ich mir in der Schule auf die Fahne und in den allermeisten Fällen klappt dieses auch.
Im Verein, egal ob im Jugend- oder Herrenbereich, ist das vorrangige Ziel schon lange der Sieg im Spiel und steht den anderen Punkten (leider) weit voraus.

Wenn es in den Sportstunden doch mal nicht klappt, so zeigt sich oftmals, dass gerade die Vereinsfussballer am wenigsten Rücksicht nehmen, schlecht mit Niederlagen umgehen oder sich der schwächeren Mannschaft zuordnen können.

Wenn man sich eine einfache Erklärung zurecht ziehen mag ist das wohl der Leistungsgedanke unserer Gesellschaft.

Tipp fürs Brennball: Lass dann doch nicht auf Zeit spielen, sondern gib jedem Team gleich viele Durchläufe. Da Brennball an Baseball angelehnt ist, ist "in den Weg stellen" klar verboten und auch sehr gefährlich (Kann man auch gut besprechen)

Naja, wo beginnt das Fairplay und wo hört cleveres Spielen auf? Klar, über Schwalben usw müssen wir nicht diskutieren, aber ich finde es legitim, dass man Kindern ab einem gewissen Alter durchaus "cleveres Spiel" beibringt. Also das man z.B. duch ein Trikotziehen im Mittelfeld einen Konter unterbinden kann oder das man den Ball bei einem Eckball, Einwurf usw nicht im Vollsprint holt (am besten auch noch für den Gegner wenn man selber führt ), sondern dass man sich da durchaus ein wenig Zeit lassen kann.
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